Nach der heiteren Schubert-Polonaise folgten Drei Fugen des allzu jung verstorbenen Schweizer Komponisten Friedrich Theodor Fröhlich (1803–1836). Den Abschluss bildet – wiederum in einer sehr rhetorischen Interpretation – die selten gespielte Grande Sonate symphonique Nr. 2 von Ignaz Moscheles, ein interessantes Werk mit virtuosen und klangreichen Ecksätzen, einem wunderschönen balladenhaften langsamen Satz und einem tänzerischen Scherzo mit dem Vermerk Alla tedeca antica.
Drei Komponisten aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, alle innerhalb von weniger als einem Jahrzehnt geboren, und doch könnten ihre Werke kaum unterschiedlicher sein! Alle drei sind im Konzertleben kaum bis gar nicht präsent, daher das neue Album des Klavierduos Adrienne Soós und Ivo Haag zu Entdeckungsreisen ein.
Franz Schuberts Divertissement sur des motifs originaux français D 823 steht trotz seiner Qualität bis heute im Schatten seiner anderen vierhändigen Werke – sehr zu Unrecht! Dabei verfehlt die schwungvolle Sonate mit ihrem energischem Marsch im ersten Satz, den abwechslungsreichen Charakter-Variationen im zweiten und einem brillanten Kehraus mit ungarischen Anklängen im dritten Satz ihre Wirkung auf das Publikum nicht keineswegs – eine echte Entdeckung!
Der Schweizer Komponist Friedrich Theodor Fröhlich (1803–1836) ist heute nahezu vergessen. In seinem kurzen Leben schuf er ein beeindruckendes Werk von bemerkenswerter Eigenständigkeit, in dessen Zentrum die Chormusik und das Lied steht, das in vielerlei Hinsicht an Schubert anknüpft, ohne dass sich die beiden je begegnet wären. Seine drei vierhändigen Fugen op. 12 zeugen von kontrapunktischer Meisterschaft und unbändigem Ausdruckswillen.
Im Gegensatz zu Fröhlich und Schubert war Ignaz Moscheles (1794–1870) vom Erfolg verwöhnt und bis ins frühe 20. Jahrhundert noch wurden seine Werke ziemlich regelmäßig gespielt. Warum Moscheles heute dennoch so gut wie vergessen ist? Vielleicht, weil sich der musikalische Geschmack und das Bild des romantischen Künstler-Daseins grundlegend wandelten. Moscheles entsprach so gar nicht dem Bild des genialisch-getrieben Genies: Er war wohlhabend, glücklich verheiratet und führte ein großbürgerliches Leben – das war nun wirklich kein Stoff für einen romantischen Künstlerroman!
Die Grande Sonate symphonique op. 112 verbindet klassische Form mit romantischer Ausdruckskraft, überrascht mit Fantasie und Erfindungsreichtum und beeindruckt durch orchestralen Klang, dichte Polyphonie und formale Raffinesse – ein Meisterwerk eines zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Virtuosen.
CD 1: Franz Schubert: Divertissement sur des motifs originaux français e-Moll D 823
Bonus: Polonaise F-Dur D 599/4
CD 2: Friedrich Theodor Fröhlich: Drei Fugen op. 12
Ignaz Moscheles: Grande Sonate symphonique Nr. 2 h-Moll op. 112
Klavierduo
Adrienne Soós & Ivo Haag, Klavier